Ich habe schlechte Laune.

Ich will es mir zuhause nicht schön machen

Ich will nicht meditieren. Ich will mir nicht helfen lassen. Ich bin schlecht gelaunt.

Wir stecken fest. Wir verlieren täglich. Unseren gewohnten Alltag. Es sieht aus, als wäre alles, was gestern noch schön war, heute verboten.

Ich vermisse

Ich vermisse: Nach Berlin fahren. Ins Kino gehen. Meinen Therapeuten treffen. Im Café an Texten arbeiten. Politik mit richtig vielen Menschen machen. Auf dem Podium sitzen. An Konferenztischen plaudern. Viel unterwegs sein. Immer wieder Freunde von früher treffen und sie umarmen.

Ich vermisse den Blick in die Augen meiner Kunden. Ihre Fragen und die Atmosphäre im Raum. Spüren, was jetzt dran ist. Meinem Gegenüber ein bisschen aus dem Gesicht zu lesen. Eine Antwort, eine Unterstützung anbieten. Ich vermisse diese fast intimen Situationen. Ich vermisse meine Workshopteilnehmer/innen und ihre Neugier und ihre Geschichten. Das Summen in der Kaffeepause.

Tipps: abgelehnt.

Als Coach habe ich einen ganzen Sack voll Methoden, die gute Laune zaubern. Selbstsorge war in den letzten Jahren arg hip, da hat so mache hilfreiche Technik die Runde gemacht.
Ich will nicht.
Mein Verlust fühlt sich die Tage so unfassbar an.
Meine kleine Welt ist untergegangen und niemand kann sagen, wann und ob es je wieder gut wird.
Ich habe jetzt fünf Tage hinter mir, von denen nicht einer gut war.
Natürlich weiß ich, dass man überall etwas Schönes erkennen kann. Und ich weiß auch, wie dankbar mein Immunsystem mir wäre, wenn ich mich aufrichtig um Heiterkeit kümmere.
Wenn ich jetzt meditiere und Yoga mache, schreibe ich in einer Stunde einen motivierenden und positiven Text. Und glaube ihn mir in dem Moment auch.

Ich will nicht.

Kein Yoga.
Kein Spaziergang, solang es noch erlaubt ist.
Ich glaube, das ist Trauer.
Können wir das nicht einfach mal so stehen lassen?
Unsere Trauer. Unsere miese Laune. Tief empfundene Ratlosigkeit. Unrasiert, mit wirrem Haar mäandern wir durch unsere Wohnungen. Glotzen auf das rumstehende Geschirr von gestern.
Ich will nicht aufgemuntert werden. Bleibt mir fort.